Training für die Ultralangstrecke

 

1. Allgemeines:

Häufig wird im Forum der DUV und auch in persönlichen Emails nachgefragt, warum die DUV keine Trainingspläne auf Ihren Seiten anbietet. Bislang wurde dies nicht getan, weil Training, gerade im Bereich der Ultralangstrecke sehr individuell ist. Jeder verträgt Trainingsreize und Umfänge anders. Gleiches gilt für die individuelle Regenerationsfähigkeit.

Ziel eines jeden ambitionierten Sportlers sollte sein, sein Training durch einen Trainer individuell gestalten zu lassen. Auch sollte das Training ständig analysiert und dann unter Umständen angepasst werden.

Ich habe mich nun dennoch entschlossen, eine entsprechende Rubrik zu erstellen und in diese Trainingsmöglichkeiten einzustellen, die als grober Anhalt gelten können. Denn ein strukturiertes Training mit entsprechenden Vorgaben ist meist wesentlich effektiver als ein „in den Tag hineintrainieren“.

Bei der Auswahl eines entsprechenden Planes sollte von vornherein das Ziel klar definiert sein. Auch die grundlegenden Punkte, die das entsprechende Zeitbudget voraussetzt, sollten bereits zu Beginn der Auswahl feststehen. (z.B. Beruf und Familie)

Im Laufe des Jahres werde ich hier Trainingsempfehlungen von 50 km bis hin zum 24 Stundenlauf vorstellen. Ich habe dazu einen entsprechenden Aufruf im Forum formuliert, indem ich darum bitte, mir durchgeführte Trainingspläne zuzusenden mit den entsprechenden Hinweisen, ob zum einen der Plan eingehalten werden konnte und auch ob der Plan erfolgreich umgesetzt werden konnte. Im Netz finden sich vielfältige Pläne für den Bereich der 100 km, die z.T. sehr stark differieren. Ich will versuchen, die mir zugesandten Pläne zu analysieren und daraus vielleicht allgemein gültige „Regeln“ zu kreieren. Sollte dies möglich sein, werden die hier veröffentlichten Trainingsempfehlungen entsprechend abgeändert.

2. Begriffe:

In den Trainingsplänen verwende ich für die einzelnen Einheiten Abkürzungen, die ich hier kurz als eine Art Legende niederlegen will, damit der Leser auch weiß, wovon ich spreche:

 

Abkürzung Begriff Herzfrequenz
reg. DL regenerativer Dauerlauf bis 70%
EDL extensiver Dauerlauf 75 – 80%
IDL intensiver Dauerlauf 80 – 85%
TDL Tempodauerlauf 85 – 90%
IV Intervall über 90%
FS Fahrtspiel wechselnd 70 – 90%

3. Voraussetzungen:

Als Trainingssteuerung und zur Kontrolle eignet sich für den „Normalläufer“ idealerweise die Steuerung durch die Herzfrequenzmessung. Die entsprechende Ausrüstung bekommt man mittlerweile beim Discounter bereits für wenig Geld (ab 20 Euro) und geht je nach Gerät, Ausstattung und Wunsch bis hin zu mehreren hundert Euro.

Die maximale Herzfrequenz lässt sich sehr gut wie folgt ermitteln. Über ca. 3000 Meter wird das höchstmögliche Tempo gelaufen, welches gleichmäßig über die Distanz gehalten werden kann. Im Anschluss daran erfolgt eine Beschleunigung bis zur Ausbelastung. Der dann festgestellte Puls ist dann die Maximal Herzfrequenz (HF max.). Voraussetzung für diese Vorgehensweise: Gesundheit und entsprechende Grundlagen im Training, sprich ein entsprechend schon vorhandener Trainingsstand!

 

Ein gutes Merkmal für effizientes Training lässt sich durch die Kontrolle der Ruheherzfrequenz (Das ist der Puls morgens noch vor dem Aufstehen aus dem Bett. Dieser sollte sinken, also niedriger werden, wenn sich der Trainingszustand verbessert.) und bei einem dokumentierten Training (z.B. Trainingstagebuch) feststellen (Wenn man auf den gleichen Strecken unter annähernd gleichen Bedingungen mit einem niedrigeren Puls bei gleicher Geschwindigkeit laufen kann (dauerhaft)).

Auch lässt sich durch den Vergleich der Geschwindigkeit mit der Herzfrequenzmessung sehr gut ein mögliches Tempo für das Training und den Wettkampf ermitteln, welches dann auch realistisch ist und ein mögliches Übertraining (Überlastung durch zu intensives Training oder zu wenig Regeneration zwischen den Trainingseinheiten, dadurch Leistungsabfall) verhindert.

Aus der Literatur und der Erfahrung lassen sich folgende mögliche Herzfrequenzen bei den entsprechenden Wettkämpfen umsetzen (entsprechendes Training vorausgesetzt):

 

Wettkampf

 

Durchschnittspuls in % vom eigenen HF max.

 

10 km ca. 92% (90 – 95%)
21,1 km (HM) ca. 90% ( 88 – 91%)
42,2 km (M) ca. 86% (84 – 90%)
50 km ca. 85% (82 – 88%)
100 km ca. 80% (75 – 83%)
24 Stunden ca. 70% (60 – 80%) à keine Literatur vorhanden!!

 

Für die Bereiche ab 50 km gibt es nur wenig bis gar keine wissenschaftlich fundierten Trainingsempfehlungen. Hier wird daher auf eigene Erfahrungswerte oder Erfahrungswerte von anderen Ultraläufern zurückgegriffen, deren Spektrum sich vom Spaßläufer bis hin zum Kaderathleten erstreckt.

In den Trainingsplänen wird auf ein mindestens vorhandenes Leistungspotenzial verwiesen, um das angegebene Zeitziel zu erreichen. Eine weitere Grundlage zur Erreichung der Ziele ist ein entsprechendes Grundlagentraining. Für die Distanz 100 km bedeutet dies, dass die angegebene vorausgesetzte Marathonzeit bei Trainingsbeginn jederzeit abrufbereit ist. Für die 50 km Distanz bedeutet dies, dass bereits Läufe von mind. 30 km im Training absolviert werden und das aktuelle Leistungsniveau auf der HM-Distanz abrufbar ist.

Für den 24 Stundenlauf bedeutet dies, dass bereits lange Läufe ab Marathon regelmäßig gelaufen werden.

4. Bitte!

Solltet ihr die entsprechenden Trainingsempfehlungen umsetzen wollen und dies dann auch getan haben, so wäre ich über eine Rückmeldung sehr dankbar. Diese sollte mindestens beinhalten, welchen Plan ihr angewendet habt, wie dieser in der Realität umsetzt wurde und was rausgekommen ist.

So, nun wünsche ich Euch viel Spaß beim Training!

Mit sportlichen Grüßen

 

Wolfgang Olbrich, DLV-A-Lizenztrainer Lauf